Rebecca Stevenson, Artist-in-Residence im Londoner Victoria and Albert Museum, hat mit uns über die nachhaltige Wirkung von Donatellos Werk und den Einfluss seiner Arbeiten auf die Kunst der Gegenwart gesprochen.
Wo holen Sie sich Inspiration für Ihre Arbeit?
Meine Arbeit ist inspiriert von den historischen Formen und Bedeutungen der Bildhauerei und wie sich diese im Licht feministischer Theorien und selbst erlebter Körpererfahrungen neu umsetzen lassen. Ich arbeite mit traditionellen Techniken wie dem figürlichen Modellieren oder Wachsausschmelzverfahren, um bildhauerische Konventionen zu beleuchten und mit ihnen zu brechen.
Mich faszinieren Qualitäten wie Wandlungsfähigkeit und Fluidität. Wenn meine Skulpturen eigentlich bereits fertig sind, folgt oft noch ein zweiter Schritt, die „Neugestaltung“. Dann versehe ich sie mit Schnitten, Öffnungen und aufwändigen Ausgestaltungen.
Was macht Donatellos Arbeiten so besonders?
Ich habe Donatello schon immer bewundert, aber nachdem ich mich eingehender mit seinem Werk beschäftigt habe, verstehe ich jetzt viel besser, was ihn so besonders macht. Er hat seinen Skulpturen eine Menschlichkeit und Intensität an Emotionen verliehen, die ihn von seinen Zeitgenossen unterscheiden. In Vasaris umfangreicher Sammlung an Künstlerbiographien gibt es eine Geschichte darüber, wie Donatello seine Skulpturen wie ein Pygmalion angefleht hat, doch zu lebendig zu werden und mit ihm zu sprechen. Es ist nicht schwierig, sich dieses Bild vorzustellen.
Was ist Ihre Lieblings-Skulptur von Donatello, und warum?
Es ist unmöglich, mich für eine zu entscheiden. Seine bildhauerische Schaffensbreite ist einer der Gründe dafür, weshalb er so beeindruckend ist. Besonders gefallen mir seine zärtlichen, wunderschönen Madonnen, die Pazzi-Madonna zum Beispiel. Und es ist schwierig, nicht von seinem monumentalen Pferdkopf, bekannt als Protome Carafa, überwältigt zu sein. Aber wenn ich mich wirklich für eine Skulptur entscheiden müsste, dann für einen kleinen Engel, einen kleinen Jungen mit Flügeln und einem Fisch, der mich momentan in meinem Studio inspiriert. Es ist eine verspielte, niedliche und zugleich etwas seltsame Skulptur, die für unser Auge auch etwas Kitschiges hat.
Wie viele Arbeiten erstellen Sie für das V&A?
Ich kreiere eine Reihe neuer Skulpturen aus Bronze und Wachs. Dabei berufe ich mich auf eine Bildsprache, die sich aus einigen der bekanntesten Werke von Donatello ableitet, zum Beispiel dem David, der Chellini-Madonna und den Spiritelli, aber auch auf Verweise auf andere Themen und Objekte aus den Sammlungen des Mittelalters und der Renaissance. Es werden sowohl kleinere als auch größere Arbeiten zu sehen sein, und einige Skulpturen werden noch in ihrem Schaffungsprozess gezeigt, inmitten materieller Metamorphosen und während sie unterschiedliche Phasen der Entstehung und Verwandlung durchlaufen.
Wie lässt sich Donatellos anhaltende Popularität in der Kunst und im Design der Gegenwart spüren und erkennen?
Ich bin immer wieder überrascht, wie modern viele von Donatellos Arbeiten sind.
Sein Stil reicht von lebensnah und detailgetreu bis hin zu stilisiert und expressionistisch. Es ist offensichtlich, dass er auch viele Bildhauer des 19. Jahrhunderts angesprochen hat. Ich sehe seinen Einfluss auch bei moderneren Bildhauern wie Epstein.
Und was die Gegenwartskultur betrifft, vertrete ich die Ansicht, dass sein Einfluss so allgegenwärtig ist, dass wir ihn kaum wahrnehmen.
Denken Sie an die sinnliche Androgynität seines Davids und den aktuellen Trend hin zu androgynen Models in der Mode. Denken Sie an Jeff Koons glanzvolle Neuinterpretationen von Kitsch oder an die vielfältigen Selbstdarstellungen von Cindy Sherman. Die fortwährende Neu- und Umgestaltung des Subjekts, der stetige Stil- und Stimmungswechsel – ich bin der Meinung, dass hier sein Einfluss zu erkennen ist.
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